3. Februar 2010: Misswirtschaft bei den ÖBB muss ein Ende haben

Die Misswirtschaft bei den ÖBB wird immer mehr zum Thema. Zuletzt berichteten Medien, dass es ein millionenteures Catering bei den ÖBB gibt: 40 Millionen Euro sollen die ÖBB für Kochtipps eines Gourmetkochs, Logistik und Müllbeseitigung in fünf Jahren ausgegeben haben. Die Kunden merken von der angeblich hohen Qualität laut Berichten nichts.

Die Vorgänge rund um dieses millionenteure ÖBB-Catering passen voll zum Bild, das die ÖBB derzeit bieten:

– Tausende Handys verschwinden.

– Manager bekommen Boni in Millionenhöhe trotz negativer Bilanz – 15 ÖBB-Manager verdienten im vergangen Jahr mehr als der Bundeskanzler, gleichzeitig schrieb der Konzern 2008 ein Minus von 965,9 Millionen Euro. Diese Bonuszahlungen bei ÖBB-Managern haben mit Leistung und Erfolgen nichts zu tun. Die Verkehrsministerin muss auf den Aufsichtsrat einwirken, die Bonuszahlungen bei neuen Vorstandsmitgliedern unmöglich zu machen.

– Es gibt 101 freigestellte Betriebsräte durch Sonderkonstruktionen. In anderen österreichischen Unternehmen wären bei diesem Mitarbeiterstand nur 16 Betriebsräte freigestellt.

Alle richten sich’s bei den ÖBB. Gleichzeitig versinken die ÖBB in einem Schuldenberg. Das System der Misswirtschaft muss endlich ein Ende haben.

Zudem gibt es eine Abgabenschuld der ÖBB beim Finanzministerium in zwei Bereichen, wie heute der Standard trefflich berichtet:

Lopatka ruft ÖBB zu Pflegegeld-Inkasso

Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka macht Druck: Er will von der ÖBB-Führung bis 26. Februar einen Fahrplan, wie sie ihre aus falscher Pflegegeldabrechnung angehäufte Finanzschuld abzubauen gedenkt.

Luise Ungerboeck

Wien – Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) verschärft die Gangart im Umgang mit der ÖBB. Er verlangt vom ÖBB-Vorstand rund um Holding-Vorstandssprecher Peter Klugar nicht nur Reparaturvorschläge betreffend ÖBB-Pensionsreform, sondern vor allem einen Plan, wie und wann die Bundesbahn ihre aus dem Titel Pflegegeld angehäufte Abgabenschuld begleichen will.

Bei letzterem handelt es sich genau genommen um seit 2002 durch die Bahn vom Finanzministerium zu viel kassierte Aufwandsentschädigungen für Bundespflegegeldleistungen. Die ÖBB-Bilanz 2009 dürfte dadurch erneut tiefrot werden, denn Finanzvorstand Josef Halbmayr muss Rückstellungen im Volumen von 150 bis 200 Millionen Euro vornehmen – der Standard berichtete exklusiv.

Bis 26. Februar will Lopatka einen Tilgungsplan auf dem Tisch haben. „Es geht darum, dass wir das Geld, das uns zusteht, möglichst bald bekommen“, sagt er im Standard-Gespräch. „Wir können der ÖBB ja nicht jährlich sieben Milliarden Euro an Zuschüssen und Haftungen zur Verfügung stellen und gleichzeitig auf Steuereinnahmen im dreistelligen Millionenbereich verzichten.“

Das Argument, die ÖBB sei in Erfüllung des Bundespflegegelds schlechter gestellt als alle anderen Unternehmen in Österreich, lässt Lopatka nicht gelten: „Die Rechtslage war immer klar seit 1993, es sind 0,8 Prozent des Krankenkassenversicherungsbeitrags zu leisten und das zu viel kassierte Geld ist zurückzuzahlen.“ Einer Reparatur des Pflegegeldgesetzes, wie vom Rechnungshof vor einem Jahr gefordert, verschließt sich der Staatssekretär nicht, pro futuro wolle man natürlich eine Regelung finden, bei der eine allfällige Diskriminierung der Bundesbahn und Klagen auszuschließen seien.

Der Hintergrund: Laut Bundespflegegeldgesetz ist die ÖBB der einzige Betrieb Österreichs, der das Pflegegeld im Auftrag des Bundes einhebt und auszahlt. Während der Pflegegeldbeitrag privater Dienstgeber aus einem um 0,4 Prozent erhöhten Krankenversicherungsbeitrag besteht, muss die Bahn den Pflegegeldaufwand bis zur Höhe von 0,8 Prozent der Bemessungsgrundlage des Krankenversicherungsbeitrags selbst tragen, der Bund ersetzt nur den diesen Selbstbehalt übersteigenden Aufwand. Im Gegenzug wurde allerdings der ÖBB-Krankenversicherungsbeitrag um 0,4 Prozentpunkte gesenkt. Hätte die ÖBB mit dem Finanzministerium gesetzeskonform abgerechnet, wären ihr laut RH allein 2006 gegenüber Privatfirmen 16,28 Mio. Euro an Mehrkosten entstanden.

Ähnlich verfahren ist der Karren bei der Causa Freifahrten für Eisenbahner. Auch dort wirft man der Staatsbahn Steuerhinterziehung vor, Finanzverfahren sind anhängig, eine Lösung aber nicht auf Schiene, weil Freifahrten bzw. Ermäßigungstickets als Sachaufwand versteuert werden müssen. Das Auseinanderklauben von Werkverkehr, Dienst- und Privatfahrten ist extrem aufwändig.

Angepeilt wird nun eine Art „Vorteilscard für Eisenbahner“, auf der gefahrene Kilometer in Sachbezug umgerechnet werden und die den Wert von 186 Euro (darf steuerfrei bezogen werden) nicht überschreitet. Bis dahin werden jedem Dienstnehmer auf Basis der Österreich-Card pro Monat pauschal netto zwischen 2,50 bis 15,50 Euro verrechnet.

Einen Rüffel fasste die ÖBB bei dem als zu billig kritisierten Verkauf des Linzer Terminal-Tower-Grundstücks an „Bestbieter“ Porr/Raiffeisen aus. Anders als von der ÖBB behauptet, habe der Rechnungshof den Deal nie geprüft und daher auch nicht als in Ordnung befunden.

(C) „Der Standard“ vom 2. Februar 2010

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