5. Februar 2010: Vortrag zum Thema "Die finanzielle Situation der Republik"

Auf Einladung des steirischen ÖAAB hielt ich heute Abend bei der Landesvorstandsklausur am Reinischkogel einen Vortrag über die derzeit angespannte finanzielle Lage Österreichs.

Im Mittelpunkt standen dabei aktuelle wirtschaftliche Themen, vor allem die hohe Neuverschuldung durch die Finanz- und Wirtschaftskrise. Vor interessierten Zuschauern erläuterte ich, dass es in den kommenden Jahren zweifellos eine enorm große Herausforderung an uns alle sein wird, diesen explodierenden Schuldenberg wieder abzubauen.

Unter dem Motto “Schulden fressen Zukunft” konnte ich dem besorgten Publikum vor Augen führen, dass wir alle in einem Kraftakt versuchen müssen, eine tiefgreifende und langfristige Konsolidierung zustande zu bringen, um nicht unsere Kinder und Enkelkinder die vermutlich “größte Rechnung aller Zeiten” bezahlen zu lassen. Denn die öffentlichen Ausgaben in den Bereichen Gesundheitswesen sowie Sozial- und Pensionsausgaben sind in den letzten Jahren massiv gestiegen. Allein 2009 und 2010 müssen wir für höhere Pensionen, Arbeitslosengeld und gestiegene Beamtengehälter über drei Milliarden Euro aufwenden. Dazu kommen noch Schulden von ausgegliederten staatsnahen Betrieben wie der ÖBB, der ASFINAG und BIG, die bis 2013 auf 40 Milliarden Euro anwachsen werden!

Großen Anklang fand – sowohl beim Publikum als auch bei den Veranstaltern – meine Forderung nach einer guten Haushaltssteuerung, an der sich sowohl Bund, als auch Länder und Gemeinden durch eine vernünftige Budgetkonsolidierung beteiligen müssen.

4. Februar 2010: Neue Lebenswelten brauchen neuen Schulalltag – zuständige Ministerin ist gefordert

Die veränderte Lebens- und Arbeitswelt von Eltern und Kindern verlangt auch einen erneuerten Schulalltag. Darum muss es auch – neben anderen Schulformen – ein Angebot zur ganztägigen Betreuung in der Schule geben. Hier spreche ich auch aus eigener Erfahrung – wie ich auch in meinem Interview mit dem ORF-Politmagazin ORF-Report betont habe: Ich verbrachte acht Jahre meiner Schulzeit im Internat. Am Vormittag wurden wir unterrichtet, am Nachmittag wurde ich bei den Hausübungen betreut und es stand uns zudem ein großes Freizeitangebot zur Verfügung.

Nun geht es darum, den Bedarf dieser Betreuungsform genau zu prüfen. Es ist zu wenig von Seiten des Unterrichtsministeriums, eine einzige Umfrage zu dem Thema zu machen und in der Folge sofort nach mehr Geld zu rufen.

Dazu kommt: Die Mittel im Bereich Unterricht wurden seit 2008 um 433 Millionen Euro aufgestockt.

Natürlich wird es nicht ohne Mittel für Ganztagsangebote gehen, aber wie auch in allen anderen Ressorts muss zuerst geklärt werden, was das Ressort selbst zur Verfügung stellen kann. Im Ministerium macht man es sich hier einfach, wenn man sofort nach mehr Mittel aus dem Finanzministerium ruft, ohne vorher den Bedarf genau evaluiert zu haben. Zu rufen „Finanzminister zahle!“ ist eindeutig der falsche Weg!

Denn im Bildungsministerium wurde im vergangenen Jahr schon einmal die Forderung nach mehr Geld laut – am Jahresende wurde dann ein dreistelliger Millionenbetrag gefunden – hier hätte sich die Ministerin viel Aufregung ersparen können. Sie hat hier unnötig an Vertrauen, was die Bugdetsituation ihres Hauses betrifft, eingebüßt.

Zweiter wichtiger Punkt im Schulbereich: Das „Neue Dienstrecht für neu eintretende Lehrer“, wie es schon im Regierungsprogramm festgeschrieben ist. Als wichtiger Schritt zu einem neuen Dienstrecht wurde bereits im Ministerrat im April 2009 von allen Ministern – also jenen von SPÖ und ÖVP – folgender Bericht von Bundesministerin Claudia Schmied zur Kenntnis genommen: „Sofortige Verhandlungen zu einem neuen Dienstrecht für alle neu eintretenden Bundes- und Landeslehrer mit folgenden Eckpunkten: Erhöhung der Lehrverpflichtung, höhere Einstiegsgehälter, flachere Gehaltskurven, mehr Flexibilität.“ In der Verwaltungsreformgruppe, die ich mit Kollegen Andreas Schieder (SPÖ) leite, haben die Experten von Rechnungshof, WIFO und IHS ein neues Dienstrecht ebenfalls für unbedingt notwendig erachtet.

Fakt ist, dass zwischen 2012 und 2025 rund 50 Prozent der Lehrer in Pension gehen werden und nur 6,9 Prozent der 120.000 Lehrer in Österreich sind unter 30 Jahre alt. Doch seit April 2009 hat sich hier nichts getan. Die zuständige Ministerin ist hier längst gefordert rasch zu einem neuen Dienstrecht zu kommen. Und zwar gemeinsam mit der Gewerkschaft! Es geht sicher nicht, dass die wichtigen Neuerungen über die Köpfe der gewählten Lehrervertreter hinweg eingeführt werden. Die Verantwortung für eine rasche und gute Lösung liegt auch hier voll in der Hand der Ministerin!

2 wichtige Aufgaben im Schulbereich müssen von Bundesministerin Schmied gelöst werden! (C) BMF

3. Februar 2010: Misswirtschaft bei den ÖBB muss ein Ende haben

Die Misswirtschaft bei den ÖBB wird immer mehr zum Thema. Zuletzt berichteten Medien, dass es ein millionenteures Catering bei den ÖBB gibt: 40 Millionen Euro sollen die ÖBB für Kochtipps eines Gourmetkochs, Logistik und Müllbeseitigung in fünf Jahren ausgegeben haben. Die Kunden merken von der angeblich hohen Qualität laut Berichten nichts.

Die Vorgänge rund um dieses millionenteure ÖBB-Catering passen voll zum Bild, das die ÖBB derzeit bieten:

– Tausende Handys verschwinden.

– Manager bekommen Boni in Millionenhöhe trotz negativer Bilanz – 15 ÖBB-Manager verdienten im vergangen Jahr mehr als der Bundeskanzler, gleichzeitig schrieb der Konzern 2008 ein Minus von 965,9 Millionen Euro. Diese Bonuszahlungen bei ÖBB-Managern haben mit Leistung und Erfolgen nichts zu tun. Die Verkehrsministerin muss auf den Aufsichtsrat einwirken, die Bonuszahlungen bei neuen Vorstandsmitgliedern unmöglich zu machen.

– Es gibt 101 freigestellte Betriebsräte durch Sonderkonstruktionen. In anderen österreichischen Unternehmen wären bei diesem Mitarbeiterstand nur 16 Betriebsräte freigestellt.

Alle richten sich’s bei den ÖBB. Gleichzeitig versinken die ÖBB in einem Schuldenberg. Das System der Misswirtschaft muss endlich ein Ende haben.

Zudem gibt es eine Abgabenschuld der ÖBB beim Finanzministerium in zwei Bereichen, wie heute der Standard trefflich berichtet:

Lopatka ruft ÖBB zu Pflegegeld-Inkasso

Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka macht Druck: Er will von der ÖBB-Führung bis 26. Februar einen Fahrplan, wie sie ihre aus falscher Pflegegeldabrechnung angehäufte Finanzschuld abzubauen gedenkt.

Luise Ungerboeck

Wien – Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) verschärft die Gangart im Umgang mit der ÖBB. Er verlangt vom ÖBB-Vorstand rund um Holding-Vorstandssprecher Peter Klugar nicht nur Reparaturvorschläge betreffend ÖBB-Pensionsreform, sondern vor allem einen Plan, wie und wann die Bundesbahn ihre aus dem Titel Pflegegeld angehäufte Abgabenschuld begleichen will.

Bei letzterem handelt es sich genau genommen um seit 2002 durch die Bahn vom Finanzministerium zu viel kassierte Aufwandsentschädigungen für Bundespflegegeldleistungen. Die ÖBB-Bilanz 2009 dürfte dadurch erneut tiefrot werden, denn Finanzvorstand Josef Halbmayr muss Rückstellungen im Volumen von 150 bis 200 Millionen Euro vornehmen – der Standard berichtete exklusiv.

Bis 26. Februar will Lopatka einen Tilgungsplan auf dem Tisch haben. „Es geht darum, dass wir das Geld, das uns zusteht, möglichst bald bekommen“, sagt er im Standard-Gespräch. „Wir können der ÖBB ja nicht jährlich sieben Milliarden Euro an Zuschüssen und Haftungen zur Verfügung stellen und gleichzeitig auf Steuereinnahmen im dreistelligen Millionenbereich verzichten.“

Das Argument, die ÖBB sei in Erfüllung des Bundespflegegelds schlechter gestellt als alle anderen Unternehmen in Österreich, lässt Lopatka nicht gelten: „Die Rechtslage war immer klar seit 1993, es sind 0,8 Prozent des Krankenkassenversicherungsbeitrags zu leisten und das zu viel kassierte Geld ist zurückzuzahlen.“ Einer Reparatur des Pflegegeldgesetzes, wie vom Rechnungshof vor einem Jahr gefordert, verschließt sich der Staatssekretär nicht, pro futuro wolle man natürlich eine Regelung finden, bei der eine allfällige Diskriminierung der Bundesbahn und Klagen auszuschließen seien.

Der Hintergrund: Laut Bundespflegegeldgesetz ist die ÖBB der einzige Betrieb Österreichs, der das Pflegegeld im Auftrag des Bundes einhebt und auszahlt. Während der Pflegegeldbeitrag privater Dienstgeber aus einem um 0,4 Prozent erhöhten Krankenversicherungsbeitrag besteht, muss die Bahn den Pflegegeldaufwand bis zur Höhe von 0,8 Prozent der Bemessungsgrundlage des Krankenversicherungsbeitrags selbst tragen, der Bund ersetzt nur den diesen Selbstbehalt übersteigenden Aufwand. Im Gegenzug wurde allerdings der ÖBB-Krankenversicherungsbeitrag um 0,4 Prozentpunkte gesenkt. Hätte die ÖBB mit dem Finanzministerium gesetzeskonform abgerechnet, wären ihr laut RH allein 2006 gegenüber Privatfirmen 16,28 Mio. Euro an Mehrkosten entstanden.

Ähnlich verfahren ist der Karren bei der Causa Freifahrten für Eisenbahner. Auch dort wirft man der Staatsbahn Steuerhinterziehung vor, Finanzverfahren sind anhängig, eine Lösung aber nicht auf Schiene, weil Freifahrten bzw. Ermäßigungstickets als Sachaufwand versteuert werden müssen. Das Auseinanderklauben von Werkverkehr, Dienst- und Privatfahrten ist extrem aufwändig.

Angepeilt wird nun eine Art „Vorteilscard für Eisenbahner“, auf der gefahrene Kilometer in Sachbezug umgerechnet werden und die den Wert von 186 Euro (darf steuerfrei bezogen werden) nicht überschreitet. Bis dahin werden jedem Dienstnehmer auf Basis der Österreich-Card pro Monat pauschal netto zwischen 2,50 bis 15,50 Euro verrechnet.

Einen Rüffel fasste die ÖBB bei dem als zu billig kritisierten Verkauf des Linzer Terminal-Tower-Grundstücks an „Bestbieter“ Porr/Raiffeisen aus. Anders als von der ÖBB behauptet, habe der Rechnungshof den Deal nie geprüft und daher auch nicht als in Ordnung befunden.

(C) „Der Standard“ vom 2. Februar 2010

2. Februar 2010: Herausforderungen in der Verwaltungsreform

Die Verwaltungsreform bleibt ein wichtiges Thema, in einem Interview mit Erich Witzmann von der „Presse“ konnte ich über meine Vorstellungen dazu äußern.

Hier der Wortlaut des Interviews:

„Lopatka verschärft Gangart gegen Wien“

Der ÖVP-Staatssekretär droht den Bundesländern, die sich nicht an die paktierte Pensionsreform halten. Verständnis für Schmieds Lehrerpläne – aber keine Unterstützung.

„Die Presse“: Seit eineinhalb bis zwei Monate fallen Sie durch beißende politische Kritik auf. Brennt jetzt im Finanzministerium der Hut?

Reinhold Lopatka: Wir hatten noch nie eine derart negative Budgetentwicklung. Schon 2009 gab es einen Rückgang von mehr als sieben Milliarden. Das ist dramatisch, weil wir auch in den nächsten Jahren an Einnahmen verlieren werden. Es ist das genau gegenteilige Bild zum Beginn dieses Jahrhunderts: Wir hatten von 2000 bis 2008 jedes Jahr Steigerungsraten in Milliardenhöhe und sind nun seit 2008 massiv abgefallen.

Mit der Sparbereitschaft ist es eher schlecht bestellt, so etwa in den Bundesländern.

Lopatka: Man könnte tatsächlich den Eindruck haben, dass einzelne Bundesländer zu viel haben. Wenn ich an Wien denke oder an Kärnten: Wir haben beim letzten Finanzausgleich vereinbart, dass alle Bundesländer finanziell gleichwertig die Pensionsreform nachvollziehen. Wien hat entgegen dieser getroffenen Vereinbarung die Reform nicht gemacht. Das verursacht Zusatzkosten in dreistelliger Millionenhöhe, da sie auch das früheste tatsächliche Pensionsantrittsalter bei Landesbeamten in Wien haben. Das ergibt enorme Zusatzkosten. Ein pensionierter Beamter in Wien kostet um 225.000 Euro mehr als im Bund. In Kärnten ist es noch extremer.

Der nächste Finanzausgleich kommt erst 2013. Werden da die Budgetanteile der Länder gekürzt?

Lopatka: Es macht wenig Sinn, wenn Bundesländer, die sich an getroffene Vereinbarungen nicht halten, überhaupt nicht sanktioniert werden. Daher muss das, was für Österreich auf Ebene der EU-27 gilt, auch innerhalb Österreichs gelten. Denn ein solches Verhalten ist höchst unfair gegenüber den anderen Bundesländern. Daher müssen wir Folgen für jene überlegen, die die getroffenen Vereinbarungen negieren.

Was wären das für Folgen?

Lopatka: Auf EU-Ebene haben wir die Situation, dass Länder, die die Ziele nicht erreichen, tatsächlich Pönalzahlungen zu leisten haben. Was man auch machen könnte, wäre Zahlungen einzubehalten, wenn im Finanzausgleich paktierte Reformen nicht umgesetzt werden. Wenn nämlich nach dem Finanzausgleich im Pensionsbereich Vereinbarungen gebrochen werden.

Sind in der laufenden Periode derartige Pönalzahlungen noch möglich?

Lopatka: Nein, das ist nicht möglich, das ist das Problem: Das letzte Mal wurde beim Finanzausgleich verabsäumt, klare Spielregeln festzulegen.

Beim Finanzausgleich 2013 werden klare Spielregeln kommen?

Lopatka: Das ist auch im Interesse aller Länder und muss vice versa auch für den Bund gelten.

Mit einer Verwaltungsreform kann sich Sparpotenzial ergeben. Da tut sich seit Jahren nichts mehr.

Lopatka: Das ist richtig. Es hat sich in den letzten Jahren, ja Jahrzehnten, nichts Essenzielles getan. Es muss etwas geschehen, weil wir 2008 über 70 Milliarden an Einnahmen hatten, im Jahr 2010 erwarten wir 57 Milliarden.

SPÖ-Ministerin Claudia Schmied ist sehr wohl mit Sparvorschlägen bei den Lehrern hervorgetreten, die ÖVP hat sie aber im Regen stehen lassen.

Lopatka: Die Ministerin macht hier jedes Mal bewusst oder unbewusst einen entscheidenden Fehler: Sie muss zuerst mit den Betroffenen und mit deren Vertretern reden. Und nicht ex cathedra verkünden, was geschehen soll. Diese Zeiten sind vorbei. Sie kündigt öffentlich an, es wird ein neues Dienstrecht kommen, sie kündigt Verhandlungen an, geschehen ist aber nichts.

Ist die ÖVP im Prinzip für Schmieds Vorschläge?

Lopatka: Sie muss mit den Lehrergewerkschaftern verhandeln, aber das Ziel ist ein richtiges: für neu eintretende Lehrer ein neues Dienstrecht zu schaffen.

Sie haben ja selbst die Lehrer angegriffen und von einem Halbtagsjob gesprochen.

Lopatka: Ich habe nie die Lehrer angegriffen und nie gesagt, das sei ein Halbtagsjob. Was ich gesagt habe, ist, dass sich die Arbeitswelt verändert hat und sich auch die Schulwelt den neuen Gegebenheiten anpassen muss. Was für mich heißt, dass im neuen Lehrerdienstrecht die Möglichkeit gegeben sein muss, dass man bei der Anwesenheitspflicht in der Schule auch zu neuen Formen kommt. Das verlangt natürlich auch bauliche Maßnahmen. Das sehe ich nicht als Angriff, sondern als Notwendigkeit, die mit den Lehrervertretern zu verhandeln ist.

(C) „Die Presse“ vom 1. Februar 2010